Claudius Rokosch, Head of Corporate Communication beim Dresdener Versorger Sachsenenergie
Auf Augenhöhe miteinander arbeiten!
Als Head of Corporate Communication haben Sie die Fusion von Drewag und Enso zur neuen Sachsenenergie begleitet. Wie schwierig war oder ist es, zwei so etablierte Marken unter einem neuen Dach zusammenzuführen und die Menschen dabei mitzunehmen?
Die neue Marke nach innen und außen auszuprägen, erfordert Stringenz und einen Plan, aber gleichzeitig Fingerspitzengefühl bei der Überführung der etablierten Markenwerte der Vorgänger-Unternehmen. Weniger Abrissbirne, sondern konsequentes Überführen und Kommunizieren, was in der Sachsenenergie steckt. Wichtig war uns von Beginn an, die kulturelle Basis des Neuanfangs in der Belegschaft zu legen, um ein neues gemeinsames Zuhause für alle Mitarbeitenden zu schaffen, die mit uns diese spannende Reise antreten. Denn mit der Zusammenführung ging eine komplette strategische Neuausrichtung des fusionierten Unternehmens einher, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Wie schafft man es gleichermaßen, Beschäftigte in den Kraftwerken, im Netzbetrieb oder in der Verwaltung von einer neuen Arbeitgebermarke zu überzeugen?
Was uns verbindet über alle Sparten, Fachbereiche und Gesellschaften hinweg, ist unser Teamwork. Nicht nur in der Energiekrise haben wir gemerkt, wie entscheidend unser Teamplay für unsere Widerstandsfähigkeit und den Erfolg ist. Man spürt es täglich überall: wir funktionieren am besten gemeinsam, müssen uns aufeinander verlassen können, auf Augenhöhe miteinander arbeiten und nach innen wie außen für unsere gemeinsamen Werte einstehen. Dazu haben wir gemeinsam Leitplanken entwickelt, die das Miteinander im Team Sachsenenergie von Anfang an gestützt und begleitet haben. Das sorgt für Identifikation in der kräftig wachsenden Unternehmensfamilie gerade auch in einer Zeit, in der sich viele neue Fachkräfte schnell integrieren müssen.
Würde Sie heute, zwei Jahre nach der offiziellen Fusion, sagen, die neue Marke Sachsenenergie ist in Belegschaft und Kundschaft angekommen?
Ich würde sagen, wir haben entsprechend unserer Philosophie #einfachmachen viele wichtige Schritte gemacht – strukturell und organisatorisch, aber auch kulturell ist das Zusammenwachsen überall spürbar. Das Fusionsmodell der schrittweisen Integration hat es uns nicht immer leicht gemacht, da gewisse Doppelstrukturen und der Erhalt der Marken Drewag und Enso im Vertrieb und Marketing auch Barrieren mit sich bringen, aber der Kurs ist klar und alle stehen dahinter. In regelmäßigen Marktforschungen messen wir Bekanntheit und Sympathie der Marke und stellen trotz schwieriger Rahmenbedingung fest, dass die Beliebtheit von Sachsenenergie bei Kunden, Partnern, Mitarbeitenden und potenziellen Fachkräften stabil auf einem sehr hohen Niveau liegt und die Vorgängermarken teilweise schon jetzt übersteigt.
Janine Rapp, Talent Strategy Expert, E.ON
Chancengleichheit, Selbstverantwortung, Zielklarheit
Die E.ON-Tochter Bayernwerk AG hat ihr Talentmanagement auf neue Füße gestellt und wurde dafür jüngst mit dem HR Energy Award ausgezeichnet. Was haben Sie verändert – und warum?
Unser neuer Talentprozess #vonderTalentsaatzumTalentwachstum stellt den Menschen in den Mittelpunkt und den Glauben daran, dass alle Mitarbeitende Talente sind, denn jeder und jede bringt die ganz eigenen individuellen Stärken in die tägliche Arbeitsgestaltung mit ein. Daher haben alle Mitarbeitenden Zugang zu vielfältigen „On und off the Job“-Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Bayernwerks, aber auch im gesamten E.ON-Konzernverbund. Das stellen wir durch digitale Plattformen für neue Jobmöglichkeiten, digitales Lernen auch einen breiten Katalog an Präsenz-Weiterbildungsmaßnahmen sowie längerfristigen, spezifischen Entwicklungsprogrammen, die wir gemeinsam mit anderen deutschen E.ON-Gesellschaften umsetzen, sicher.
Das neue Konzept beruht unter anderem auf einer Selbstnominierung angehender Führungskräfte. Was ist die Idee dahinter?
Die neue Strategie verändert, wie wir den Zugang zu zielgerichteten und sehr intensiven Entwicklungsprogrammen oder auch Netzwerkveranstaltungen ermöglichen. Für alle längerfristigen Programme ermöglichen wir allen Mitarbeitenden eine klare Reflexion ihrer eigenen Zielsetzung, transparente Kriterien, nach denen wir bei einer möglichen Programmteilnahme entscheiden, und so hat jeder und jede die Möglichkeit, sich selbst auch für zielspezifische Entwicklungsprogramme wie den Führungs- oder auch Executive-Nachwuchskreis zu bewerben oder eben noch entsprechende Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten, damit eine Teilnahme zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Damit ermöglichen wir Chancengleichheit, Selbstverantwortung, Zielklarheit und vor allem Reflexionsunterstützung für die eigene Entwicklung für alle Bewerbenden. Auch wenn beispielsweise das Führungsverständnis für den Führungsnachwuchskreis noch nicht genügend ausgereift ist, werden Bewerbende innerhalb eines anderen Programms genau darin unterstützt – dieses Programm heißt dann bei uns „Entwicklungsnavigator“.
Gibt es schon erste Ergebnisse, was hat die Umstellung im Talentmanagement bislang konkret bewirkt?
Neben den deutlichen Zahlen möchte ich zunächst das veränderte Mindset hervorheben. Entwicklung, Führungsverständnis, Talentbegleitung wird seither ganz anders wahrgenommen. Wir haben begleitend unser Werteverständnis für Führung weiterentwickelt, das nicht nur von (angehenden) Führungskräften anders reflektiert, sondern von Mitarbeitenden auch klar eingefordert wird. Heute steht nicht mehr die Programmteilnahme als Incentive im Vordergrund, sondern die Zielsetzung der Entwicklung und die Klarheit über diese Zielsetzung. 2018 sind nur 37 % der ehemaligen Programmteilnehmenden im Führungsnachwuchskreis auch in verantwortungsvolle Führungs- oder Projektleitungspositionen gewechselt. Heute sind es innerhalb der ersten drei Jahre nach Programmstart mehr als 75 %. Außerdem haben sich mehr Frauen beworben und die Teilnahmequote ist von 18 auf 35 % gestiegen. Die Diversität zeigt sich in einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen technischen und kaufmännischen sowie zentralen und regionalen Teilnehmenden.
Dr. Timo Schöber, Leiter HR Projekte & Innovationen bei den Stadtwerken Flensburg
Beim E-Sport fallen Masken
Die Stadtwerke Flensburg setzen sowohl beim Recruiting als auch beim Talentmanagement auf E-Sport-Elemente. Was ist die Idee dahinter?
Das hat mehrere Gründe. Die Stadtwerke Flensburg erreichen über den E-Sport eine sehr gut abgrenzbare Zielgruppe, die für unser Unternehmen sehr interessant ist. Es handelt sich um technikaffine, gut ausgebildete Menschen, die eher jung und „Digital Natives“ sind. Das ergeben demografische Untersuchungen zum E-Sport, etwa der Fachhochschule Westküste. Am E-Sport ist aber nicht nur die Zielgruppe für das Employer Branding spannend, sondern auch, dass Menschen sich im digitalen Spiel natürlicher verhalten als im Alltag. Dort fallen Masken und der echte Mensch wird für uns besser sichtbar. Das macht E-Sport vor allem für Assessment Center sehr interessant. Denn durch E-Sport können auf Basis von Verhaltensankern vielerlei Kompetenzen deutlich realistischer betrachtet werden. Es macht eben einen Unterschied, wie ich mich im Bewerbungsgespräch verhalte, wenn zehn Beobachter vor mir sitzen und mich „anstarren“, oder ich mich in einer spielerischen, Spaß bringenden Umgebung befinde, in der ich die Beobachter nicht wahrnehme.
Wie kann E-Sport konkret helfen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Stadtwerkerinnen und Stadtwerker zu verbessern?
E-Sport bietet uns als Stadtwerken Flensburg und Arbeitgeber vielerlei Chancen. Zum einen verbessert E-Sport direkt Fähigkeiten und unterstützt das Erlernen neuer Fertigkeiten. Um im E-Sport erfolgreich zu sein, muss man eine ganze Reihe von Fertigkeiten und Fähigkeiten mitbringen oder bereit sein, diese gezielt zu trainieren und zu verbessern. Das betrifft insbesondere Multitasking, die Kommunikation im Team, Sprachkenntnisse und die Rhetorik, das taktische, strategische und konzeptionelle Denkvermögen, Resilienz und den Umgang mit Rückschlägen, Innovationsstreben und die Feinmotorik, immerhin schaffen geübte E-Sportler bis zu 400 asynchrone Bewegungen pro Minute. Das sind Eigenschaften, die je nach Position auch im beruflichen Alltag wichtig sind. Zum anderen versteht die E-Sport-Szene die „Welt als Dorf“. Ethnien, religiöse Zugehörigkeiten, die sexuelle Orientierung und andere Merkmale spielen dort keine Rolle. Das schafft ein Klima von Toleranz und Miteinander. Auch das ist etwas sehr Wertvolles, was vom E-Sport in unser Unternehmen hineinstrahlen kann.
Der Anstoß für die Nutzung von E-Sport kam aus dem HR-Team der Stadtwerke Flensburg, wo es eine besondere Affinität zum Thema gibt. Ist das Konzept auch auf andere Stadtwerke übertragbar?
Grundsätzlich ist die Nutzung von E-Sport für jede Art von Unternehmen denkbar. Der Blick nach Skandinavien, Südkorea, die USA oder China zeigt, welche Potenziale für Unternehmen im E-Sport stecken. In diesen Ländern ist E-Sport nicht nur Volkssport und als solcher voll anerkannt, sondern er findet sich auch in den HR-Maßnahmen und -Strategien vieler Betriebe wieder. Insofern ist das, was wir machen, auch auf andere Stadtwerke übertragbar. Dass wir inzwischen als Vorreiter zum E-Sport gesehen werden, wenn es Stadtwerke betrifft, hat aber vor allem drei Gründe. Wir haben bei uns Treiber, die die Chancen des E-Sports kennen und nutzen. Darüber hinaus unterstützen die Geschäfts- und die Personalleitung das Thema umfassend. Ferner liegen wir als Stadtwerke Flensburg nur einen Katzensprung von Dänemark entfernt, wo E-Sport ein wichtiger Teil der Gesellschaft ist. Das schwappt auch zu uns über. Aber nichtsdestotrotz ist das, was die Stadtwerke Flensburg machen, auch in anderen Stadtwerken nutzbar.